Arbeitsrecht: Entschädigung und Schadensersatz bei Mobbing und Diskriminerung am Arbeitsplatz
Für ein Mobbingverhalten reicht es aus, wenn Verhaltensweisen, die für sich gesehen den Boden rechtsmäßigen Verhaltens nicht verlassen, in ihrer Gesamtschau zu einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führen, weil sie aufgrund der in ihnen liegenden Systematik und Zielrichtung in ihrer Zusammenfassung geschützte Rechtsgüter des Arbeitnehmers beeinträchtigen. So entschied das Landesarbeitsgericht Hamm am 03.11.2011 (Aktenzeichen: 15 Sa 869/11).
Worüber hatte das Arbeitsgericht zu entscheiden?
Die Parteien streiten im Wesentlichen um Ansprüche des
Klägers auf Entschädigung, Schadensersatz und
Erstattung
außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten wegen angeblicher
Diskriminierungs- und Mobbinghandlungen sowie angeblicher Eingriffe in
die Gesundheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des
Klägers durch die Beklagte.
Der 45-jährige, ledige und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit Januar 2008 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher zeitbefristet vereinbart war, als Softwaretechniker tätig zu einem Bruttojahresentgelt von 52.000,00 EUR.
Gemäß § 2 Abs. 6 des Arbeitsvertrages hat der Kläger die Frage einer Schwerbehinderteneigenschaft verneint und erklärt, er sei weder anerkannt schwerbehindert noch habe er bei einem Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung seiner Schwerbehinderteneigenschaft gestellt.
Im Büro des Klägers bei der Beklagten befand sich ein Schreibtisch, aufgestellt in paralleler Linie zum Südfenster. Der Kläger arbeitete zunächst mit Hilfe eines 17-Zoll-Monitors und eines Dual-Core-PC‘ s. Streitig ist, ob die Beklagte die Arbeitsplätze anderer Mitarbeiter früher als den des Klägers mit 22-Zoll-Monitoren und Quad-Core-PC‘s ausstattete.
Am 03.05.2009 entzog die Beklagte dem Kläger bestimmte Teile des Aufgabenbereichs "Systemarchitektur" und wies diese einem jüngeren Arbeitskollegen zu.
Mit Schreiben vom 15.12.2009 behauptete der Kläger gegenüber der Beklagten eine Diskriminierung wegen des Alters sowie diverse Mobbinghandlungen. Gleichzeitig bot er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung von 70.000,00 EUR an. Sollte die Beklagte - im Falle der Nichteinigung - bis zum 31.12.2009 nicht sämtlichen sicherheitstechnischen Pflichten nachkommen, werde er weitere Schritte einleiten. Die Beklagte suspendierte daraufhin den Kläger von der Arbeitspflicht, hob die Freistellung jedoch nach einem Gespräch noch am 15.12.2009 wieder auf und bot dem Kläger an, in einem anderen Büro, in welchem er sich den Schreibtisch nach seinen Wünschen stellen könne, weiterzuarbeiten.
Mit weiterem Schreiben des Klägers vom 21.12.2009 behauptete dieser angebliche Rechtsverstöße der Beklagten, welche seinen psychischen Zustand weiter verschlechtert hätten. Da die Abhilfe durch die Beklagte nicht vollständig erfolgt sei, müsse er gegebenenfalls am 02.01.2010 die Berufsgenossenschaft und die Gewerbeaufsicht informieren. Er sei grundsätzlich noch an einem "globalen Vergleich" interessiert, allerdings nur gegen Zahlung einer Geldentschädigung von 140.000,00 EUR und einer Abfindung von 30.000,00 EUR.
Der Kläger war im Jahr 2009 insgesamt an 40,5 Tagen arbeitsunfähig erkrankt, zuletzt durchgehend seit dem 18.12.2010. Die Beklagte führte kein betriebliches Eingliederungsmanagement durch. Seit dem 04.12.2009 leistete die Beklagte aufgrund ihrer Annahme einer Fortsetzungserkrankung keine Entgeltfortzahlung mehr.
Die Beklagte wertete den Inhalt des Schreibens des Klägers vom 21.12.2009 als versuchte Erpressung und kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 21.12.2009 verhaltensbedingt ordentlich zum 31.03.2010. Die gegen diese Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers blieb erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg.
Mit Schreiben vom 15.04.2010 verlangte der Kläger von der Beklagten Entschädigung und Schadensersatz wegen behaupteter Diskriminierungen betreffend Alter und Behinderung sowie wegen behaupteter Gesundheitsschädigung in Höhe von rund 2,07 Mio. Euro, darunter gut 22.600,00 EUR an Rechtsverfolgungskosten.
Der Kläger erhielt bis zum 30.05.2010 Krankengeld. Ab dem 01.06.2010 beschied der Medizinische Dienst der Krankenkasse für den Kläger Arbeitsfähigkeit. Hiergegen wendet sich der Kläger in einem Widerspruchsverfahren.
Mit seiner am 15.07.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seine geltend gemachten Ansprüche in erheblicher reduzierter Höhe weiterverfolgt.
Er hat behauptet, er leide an einer Sehbehinderung. Selbst bei Nutzung einer Sehhilfe verfüge er nur über eine Sehstärke von 60 % bzw. 30 %, dies gehe mit einem Grad der Behinderung von 10 einher. Bei der Aufstellung seines Schreibtisches sei gegen Sicherheitsbestimmungen verstoßen worden. Sein wegen Sonneneinfalls immer stark abgedunkeltes Büro lasse aufgrund der mangelhaften Sichtverbindung negative psychische Auswirkungen erwarten. Die Beklagte habe ihn psychisch erheblich überbelastet. Die Erstellungs- und Testzeiten betrügen 4 - 6 Stunden statt wie bei Linux 2 Minuten. Unzureichend gewesen sei seine Ausstattung mit einem 17-Zoll-Monitor und einem Dual-Core-PC. In herabsetzenden Äußerungen hätten sich zwei Arbeitskollegen per Rund-e-Mail über technische Probleme beschwert und behauptet, dies sei auf psychologische Probleme der Entwickler und fehlende Sorgfalt zurückzuführen. Im Verlaufe des Kündigungsschutzprozesses habe ihm die Beklagte haltlose Anschuldigungen und eine Erpressung vorgeworfen. Die Beklagte habe eine nach dem AGG vorgesehene Beschäftigtenschulung nicht durchgeführt und Vorgaben des Gesundheitsschutzes nicht beachtet. Sie habe es insbesondere unterlassen, ihm eine Bildschirmarbeitsbrille anzubieten, einen Betriebsarzt und einen Sicherheitsingenieur zu benennen, Augen-Vorsorgeuntersuchungen und Bildschirmpausen durchzuführen sowie die Gefährdungsdokumentation nach dem Arbeitsschutzgesetz vorzulegen. Der Geschäftsführer habe am 19.12.2008 geäußert, er wolle den Jüngsten. Die Beklagte habe ihn über mehrere Jahre mit unbegründeten Vorwürfen überzogen. Von Kollegen und außenstehenden Personen sei er erniedrigt und schikaniert worden. Es sei psychischer Druck ausgeübt worden. Dadurch habe er aus dem Arbeitsverhältnis gedrängt, sein beruflicher Aufstieg verhindert werden sollen. Auch die Chronologie ergebe, dass die Vorfälle sich gesteigert hätten, die jahrelangen Diskriminierungen und Mobbinghandlungen hätten ihn in seiner Gesundheit geschädigt und zu einer depressiven Erkrankung geführt. Ihm sei jede sinnvolle Arbeit entzogen worden. Die Diskriminierungen und das Mobbing hätten sich bis in den Juni 2010 hinaus fortgesetzt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund der zahlreichen Indizien für eine Diskriminierung wegen Alters- und Behinderung, nämlich der Pflichtverletzung aus § 12 Abs. 1 AGG, der Frage nach einer Schwerbehinderteneigenschaft im Arbeitsvertrag, der Missachtung des Gesundheitsschutzes und der Schutzvorschriften für behinderte Menschen, der Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements und der Bevorzugung jüngerer Mitarbeiter stünden ihm eine Entschädigung, Schadensersatz und Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu.
Dem tritt die Beklagte entgegen:
Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt ihr gegenüber zu verstehen gegeben, die Ausstattung seines Arbeitsplatzes mit Hardware sei unzureichend, er bedürfe insbesondere einer Bildschirmbrille. Eine Sehbehinderung habe der Kläger ebenso zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt. Die Zuweisung des Arbeitsbereichs "Systemarchitektur" an einen anderen Mitarbeiter sei zur Förderung von dessen beruflicher Weiterentwicklung und wegen seiner höheren Qualifikation erfolgt. Sie habe die Entgeltfortzahlung eingestellt, weil der Kläger ihr gegenüber seine kontinuierliche Erkrankung auf eine defekte Klimaanlage zurückgeführt habe. Am 03.08.2006 habe sie die Beschäftigtenschulung nach dem AGG durchgeführt. Die Umrüstung auf neue PC‘ s habe sie in der Abteilung in Sechserchargen durchgeführt, auch um dies operativ leisten zu können. Die Ansprüche des Klägers seien gem. § 15 Abs. 4 AGG ausgeschlossen.
Hierauf erwiderte der Kläger wiederum inner halb der Berufungsinstanz:
Er habe erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten und zeitweise unter erheblichen kognitiven Einschränkungen gelitten. In seinem Alltagsleben sei er erheblich eingeschränkt gewesen. Es habe zwischenzeitlich ein pathologisches EEG-Diagramm vorgelegen. Ihm sei dringend geraten worden, den Beruf des Softwareentwicklers aufzugeben. Dauerhafte Berufsunfähigkeit habe seinerzeit nicht ausgeschlossen werden können. Insgesamt habe es sich um den Zeitraum 01.10.2008 - 15.12.2009 gehandelt.
Eine japanische Studie komme zu dem Schluss, dass Depressionen verstärkt ab 5 Stunden Bildschirmarbeit auftreten. Die deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz schlussfolgere, zu hohe Arbeitsbelastung rufe Depressionen hervor.
Seine gesundheitlichen Probleme hätten ausgelöst das Zusammentreten von Sehbehinderung, arbeitsschutztechnisch und diskriminierungsrechtlich unangemessener Monitor, überlange Buildzeiten bei unangemessenem PC, fehlende Pausen bei nicht gemessener Belastung durch zu umfangreiche Software.
Das Gericht konnte kein Mobbing festellen und wies die Klage an
Das Gericht wies die Klage ab.
Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung von mindestens 159.900,00 EUR aus § 15 Abs. 2 AGG zu.
Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag zu Ziffer 1 ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger eine "angemessene Entschädigung", beziffert mit einem Mindestbetrag von 159.900,00 EUR, begehrt. Der Kläger stellt die Höhe der begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Dem Gericht steht somit ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Entschädigungshöhe zu; ein unbezifferter Zahlungsantrag ist zulässig. Allerdings muss der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrages heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der beanspruchten Forderung angeben (BAG vom 22.10.2009 - 8 AZR 642/08, NZA 2010, 280 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht die Festsetzung einer Entschädigung ermöglicht und er hat Angaben zur Größenordnung der Entschädigung gemacht, indem er bei mindestens sechs Fällen von Diskriminierung einen Betrag von sechs Monatsgehältern je Diskriminierung ansetzt.
Die Klage auf Entschädigungszahlung ist aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld gem. § 15 Abs. 2 AGG. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen eines solchen Entschädigungsanspruchs sind nicht erfüllt.
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch setzt voraus einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gem. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen in § 15 AGG (BAG vom 22.01.2009 - 8 AZR 906/07, NZA 2009, 945).
Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale benachteiligt werden. Gegen dieses Benachteiligungsverbot hat die Beklagte jedoch nicht verstoßen.
Der Kläger beruft sich auf die Merkmale des Alters und der Behinderung
Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten verpönten Merkmals eine weniger günstige Behandlung erleidet als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Erforderlich ist, dass die betreffende Person einer weniger günstigen Behandlung ausgesetzt ist als eine in einer vergleichbaren Situation befindliche Person, bei der das Merkmal nicht vorliegt.
Hingegen ist eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG anzunehmen, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (vgl. LAG Köln vom 15.02.2008 - 11 Sa 923/07, NZA RR 2008, 622).
Da für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die weniger günstige Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt sein muss, ist ein Kausalzusammenhang erforderlich. Dieser ist dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist. Es ist ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (BAG vom 22.01.2009, a.a.0.).
Nach der gesetzlichen Beweislastregel des § 22 AGG hat der Anspruchsteller Indizien vorzutragen und im Streitfalle zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An die Vermutungsvoraussetzung ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es reicht aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Tatsachen einen Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen (BAG vom 17.12.2009 - 8 AZR 670/08, NZA 2010, 383).
Die Würdigung, ob der Anspruchsteller Tatsachen vorgetragen hat, die seine Benachteiligung wegen eines Diskriminierungsmerkmals vermuten lassen, obliegt der freien Überzeugung des Tatsachengerichts, § 286 Abs. 1 ZPO.
Nach diesen Grundsätzen war ein Verstoß der Beklagten gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot nicht anzunehmen.
Die Frage nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderteneigenschaft im Arbeitsvertrag des Klägers stellt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung dar. Der Kläger ist unstreitig nicht schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX oder einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB IX. Er hat auch weder im Bewerbungsverfahren um die Stelle noch im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss noch im weiteren Verlauf seines Arbeitsverhältnisses eine Benachteiligung erfahren, die anknüpft an Fragen nach einer Schwerbehinderteneigenschaft. Der Kläger wurde von der Beklagten eingestellt. Indizien, die eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lassen, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger bei dem von der Beklagten vorgenommenen Monitoraustausch zeitgleich mit zwei jüngeren Arbeitnehmern berücksichtigt wurde oder die beiden Mitarbeiter zeitlich vor dem Kläger mit leistungsfähigerer Hardware ausgestattet wurden.
Bei einer zeitgleichen Berücksichtigung fehlte es an einer Benachteiligung des Klägers.
Bei einem entsprechend dem Vortrag des Klägers zeitungleichen Monitoraustausch fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, an einem substantiierten Vortrag des Klägers dazu, dass die Ausstattung mit Hardware an seinem Arbeitsplatz unzureichend und das die Überlassung leistungsstärkerer Geräte zur Erledigung der ihm übertragenen Arbeitsaufgaben erforderlich war, um eine Benachteiligung zu vermeiden.
Eine Benachteiligung im Sinne des AGG-Rechts ist nicht darin zu sehen, dass die Beklagte den Teilbereich "Systemarchitektur" dem Kläger entzog und dem jüngeren, nicht behinderten Mitarbeiter B. übertrug. Der Entzug von Aufgabengebieten durch die Beklagte ist durch das Arbeitgeberseitige Weisungsrecht des § 106 Gew0 rechtlich gedeckt. Eine Benachteiligung des Klägers erschließt sich auch aus dessen Vortrag nicht. Der Kläger hat lediglich pauschal behauptet, ihm sei jegliche sinnvolle Arbeit entzogen worden, erläutert aber nicht, inwieweit die ihm verbliebene Arbeit nicht sinnvoll sein soll bzw. warum die Entziehung eines Teilbereichs seiner geschuldeten Tätigkeiten eine Benachteiligung ist. Dass im Übrigen der Entzug von Tätigkeiten mit seinem Alter oder wegen einer Behinderung erfolgt ist, wird nicht vorgetragen.
Die unterlassene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sinne des § 84 Abs. 2 S. 1 SGB IX lässt nicht erkennen, diese sei aus Gründen des Alters oder der angeblichen Behinderung des Klägers erfolgt. Ebenso wie eine krankheitsbedingte Kündigung wegen wiederholter Kurzerkrankungen begründet auch ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtung, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, nicht die Vermutung nach § 22 AGG für eine Benachteiligung wegen einer Behinderung (oder wegen des Alters). Ein derartiger Verstoß kann allenfalls ein Indiz für die Vermutung darstellen, der Arbeitgeber halte sich nicht an seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern mit längeren Krankheitszeiten (vgl. BAG vom 28.04.2011 - 8 AZR 515/10 EzA-SD 2011, Nr. 15, 8 - 10).
Benachteiligungen des Klägers sind nicht zu erkennen in der Weigerung der Beklagten, fortgesetzt Entgeltfortzahlung zu leisten, in der Schreitischaufstellung im Büro des Klägers, in der Abdunkelung des Büros, in einem eventuell Unterlassen von Beschäftigtenschulung gem. § 12 AGG, in einer unzureichenden Gewährung von Bildschirmpausen, in einem Nichteinhalten von Sicherheitsbestimmungen durch die Beklagte, in dem Verhalten der Beklagten im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses mit dem Kläger sowie in der Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten, er "wolle den Jüngsten".
Die Berufungskammer folgt insoweit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts in vollem Umfang.
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe gegen § 81 Abs. 1 S. 1 SGB IX verstoßen, ist bereits nicht nachvollziehbar. Der Kläger weist darauf hin, dass gem. § 81 Abs. 1 S. 1 SGB IX der Arbeitgeber bei jeder freiwerdenden Stelle überprüfen müsse, ob diese nicht mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne; er habe hierzu die Schwerbehindertenvertretung anzuhören. Dies sei - soweit ihm, dem Kläger, bekannt - nicht geschehen.
Dem Vorbringen des Klägers ist nicht entnehmbar, inwieweit in einem (welchem) Verhalten der Beklagten eine Benachteiligung "wegen" eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Der Kläger hat keine Indizien vorgetragen, die eine entsprechende Benachteiligung vermuten lassen. Soweit es dem Kläger konkret um das Besetzungsverfahren hinsichtlich seines Arbeitsplatzes gehen sollte, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger die Stelle erhalten hat, er also eingestellt wurde.
Eine Benachteiligung des Klägers, die zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG führt, liegt schließlich nicht darin, dass die Beklagte ihm für die Arbeiten an Monitoren keine spezielle Sehhilfe in Form einer Bildschirmbrille anbot.
Zwar ist dem Arbeitsgericht nicht darin zu folgen, dass der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG einen schuldhaften Verstoß des Arbeitgebers gegen ein Benachteiligungsverbot voraussetzt (BAG vom 22.01.2009, a.a.0.; BAG vom 18.03.2010 - 8 AZR 1044/08, NZA 2010, 1129). Denn weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzessystematik folgt zwingend, dass ein Entschädigungsanspruch nur bei Vorliegen der in § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AGG genannten Voraussetzungen gegeben ist. Auch entspricht es einer gemeinschaftskonformen Auslegung, dass in § 15 Abs. 2 AGG eine verschuldensunabhängige Haftung begründet werden sollte.
Gleichwohl hat der Kläger wegen einer Behinderung keine weniger günstige Behandlung erfahren als eine Person in einer vergleichbaren Situation. Eine ungünstige Behandlung liegt nicht in dem Unterlassen der Frage nach dem Erfordernis einer Bildschirmbrille. Die Beklagte hatte zu einer solchen Frage keine Veranlassung. Allein die Tatsache, dass der Kläger Brillenträger ist, verlangte von der Beklagten eine entsprechende Fragestellung nicht. Die Notwendigkeit des Tragens einer Bildschirmbrille am Arbeitsplatz hängt nicht zwingend davon ab, ob der Arbeitnehmer Brillenträger ist oder nicht, sondern davon, ob die von einem Bildschirm/Monitor ausgehende (Strahlen-) Belastung das Tragen einer Schutzbrille erfordert. Im Übrigen stellte ein Unterlassen der Frage durch die Beklagte keine ungünstige Behandlung wegen einer Behinderung dar. Der Kläger ist unstreitig nicht schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2, 3 SGB IX. Er ist jedoch auch nicht behindert im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX. Nach der Gesetzesbegründung entspricht der Begriff der Behinderung des AGG den sozialrechtlich entwickelten gesetzlichen Definitionen nach § 2 Abs. 1 S. 2 SGB IX und § 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Hieran gemessen führt die Tatsache, dass der Kläger Brillenträger mit einer Sehschärfe von 60 % bzw. 30 % ist, nicht zur Annahme von dessen Behinderung. Ein 45-jähriger Mensch, der ständig eine Brille zur Sehkorrektur trägt, weist keine körperliche Funktion auf, die von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Denn in diesem Lebensalter tragen eher mehr als weniger von 50 v.H. der Menschen eine Sehhilfe. Zudem ist jedenfalls die Teilnahme eines Brillenträgers am Leben in der Gesellschaft nicht beeinträchtigt. Dazu, dass der Kläger an einer relevanten Augenerkrankung leidet, die nach der gesetzlichen Definition eine Behinderung darstellen könnte, ist nichts vorgetragen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 8.023,60 EUR.
Soweit der Kläger der Beklagten Mobbinghandlungen bzw. ein mit "Straining" bezeichnetes Verhalten vorwirft, ist zunächst davon auszugehen, dass "Mobbing" weder ein anerkannter Rechtsbegriff ist noch eine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Forderungen eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber darstellt (BAG vom 28.10.2010 - 8 AZR 546/09, NZA-RR 2011, 378). Ein solcher Anspruch ist vielmehr nur dann begründet, wenn der Arbeitgeber durch die als "Mobbing" bezeichneten Handlungen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB oder ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass es dem Kläger nicht gelungen ist darzulegen, aufgrund welcher, der Beklagten zurechenbaren Verletzungshandlungen bei ihm eine Rechtsverletzung eingetreten sein soll.
Zwar muss für die Annahme eines Mobbingverhaltens nicht etwa jede einzelne Handlung für sich gesehen eine Rechtsgutverletzung darstellen. Es reicht aus, wenn Verhaltensweisen, die für sich gesehen den Boden rechtmäßigen Verhaltens nicht verlassen, in ihrer Gesamtschau zu einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führen, weil sie aufgrund der in ihnen liegenden Systematik und Zielrichtung in ihrer Zusammenfassung geschützte Rechtsgüter des Arbeitnehmers beeinträchtigen (BAG vom 28.10.2010, a.a.0.; BAG vom 25.10.2007 - 8 AZR 593/06, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 6). Insbesondere kann eine Zusammenschau der für sich gesehen im Einzelnen noch rechtmäßigen Handlungen dann eine Beeinträchtigung geschützter Rechte des Arbeitnehmers darstellen, wenn - wie in § 3 Abs. 3 AGG definiert - unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In die Betrachtung sind sämtliche Handlungen oder Verhaltensweisen einzubeziehen, die diesem Prozess zuzuordnen sind (BAG vom 28.10.2010, a.a.0.).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist dem Vortrag des Klägers Substantielles nicht entnehmbar. Das gesamte Vorbringen bleibt sowohl erst- wie auch zweitinstanzlich stichwortartig und pauschal. Der Sachvortrag des Klägers zu unbegründeten Vorwürfen ihm gegenüber, zu einer Ausübung psychischen Drucks und Schikane, zu einer permanenten persönlichen und beruflichen Isolation, zu Enttäuschungen über vergebliche Klärungsversuche und zum Entzug jedweder sinnvollen Arbeit ist nicht ausreichend, als dass den vom Kläger angebotenen Beweisen hätte nachgegangen werden können. Die Parteien müssen nach § 138 ZPO den Sachverhalt so vortragen, dass das Gericht ihm - seine Schlüssigkeit unterstellt - für den Bestreitensfall im Wege einer Beweisaufnahme nachgehen kann. Nur ein solches ausreichend konkretisiertes Sachvorbringen kann von den Tatsacheninstanzen berücksichtigt werden (LAG Hamm vom 02.09.2011 - 7 Sa 724/11).
Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Behauptung des Klägers, im Internetforum seien herabsetzende Äußerungen durch Arbeitskollegen veröffentlicht worden, lediglich als Einzelfall beurteilt, der für die Annahme eines Mobbingverhaltens nicht herangezogen werden kann. Darüber hinaus handelte es sich um ein Verhalten von Kollegen des Klägers, deren Zurechenbarkeit der Beklagten nicht erkennbar und von dem Kläger auch nicht dargetan ist.
Ohne Substanz bleibt schließlich der Vortrag des Klägers zu erlittenen erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zeitraum 01.08.2008 bis 15.12.2009. Weder hat der Kläger einen substantiierten Sachvortrag zu unerlaubten Handlungen der Beklagten geleistet noch hat er seiner Darlegungslast hinsichtlich von ihm im einzelnen vorzutragender Verhaltensweisen der Beklagten und auch für die Kausalität zwischen diesen und den eingetragenen Gesundheitsbeeinträchtigungen genügt (vgl. insoweit BAG vom 28.10.2010, a.a.0.; BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06, AP Nr. 5 zu § 611 BGB).
Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage auch im Hinblick auf ihre Anträge zu Ziffern 3 - 5, mit denen der Kläger zum einen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten begehrte und zum anderen festgestellt wissen wollte, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weitergehenden Schäden und Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die ihm aufgrund der Persönlichkeitsrechtsverletzungen erwachsen sein sollen oder noch erwachsen werden, abgewiesen.
RA Wißmann, Rechtsanwalt Lingen