Gratifikationen - Der Anspruch auf Weihnachtgeld, Urlaubsgeld und andere Zahlungen im Arbeitsrecht

Gratifikationen sind Sonderzuwendungen des Arbeitsgebers an den Arbeitnehmer aus einem besonderen Anlaß, die zusätzlich zum normalen Lohn bzw. Gehalt gezahlt werden. Die bekanntesten Gratifikationen bzw. Sonderentgelte bilden das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld. Aber auch eine Sonderzahlung auf der Grundlage des Erfolges des Unternehmens zum Jahresende stellt eine Gratikation dar.

Wann kann eine Gratifikation verlangt werden?

Eine Gratifikation kann von Seiten des Arbeitnehmers grundsätzlich dann verlangt werden, wenn ein entsprechender Anspruch im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in dem anwendbaren Tarifvertrag festgeschrieben ist. 

Aber auch wenn es an einer entsprechenden schriftlichen Zusage fehlt, kann ein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld bestehen, falls der Arbeitgeber über eine gewisse Zeit hin entsprechende Gratifikationen vorbehaltslos gewährt hat und der begünstigte Arbeitnehmer aus diesem Verhalten berechtigterweise den Schluss ziehen konnte, daß ihm die Gratifikation auf Dauer bzw. auch für die Zukunft gewährt werden soll. Ein solcher Anspruch kann dann aus der im Arbeitsrecht entwickelten "betrieblichen Übung"  gewohnheitsrechtlich entstehen.  Wenn der Arbeitgeber also mehrere Jahre in Folge ein Weihnachtgeld gewährt hat, kann er - bei Vorliegen der Voraussetzungen einer "betrieblichen Übung" - diese Zahlung nicht ohne weiteres für das nächste Jahr wieder abschaffen. Durch die betriebliche Übung werden nämlich freiwillige Leistungen des Arbeitgebers zu verpflichtenden Leistungen, denen sich der Arbeitgeber gegebenenfalls nicht mehr einseitig entziehen kann.

Anspruch auf Weihnachtgeld, Urlaubsgeld und andere Zahlungen - Der Einzelfall ist maßgeblich

Maßgeblich ist aber imm eine Entscheidung im Einzelfall. So entschied das Landesarbeitsgericht Hamm am 08.12.2011 (Aktenzeichen: 15 Sa 1038/11), dass nicht immer bei mehrfacher Zahlung von Weihnachstgeld eine betriebliche Übung angenommen werden müsste. Auch die (mindestens) dreimalige Zahlung eines Weihnachtsgeldes kann nur dann zu einem Anspruch aus betrieblicher Übung führen, wenn die Leistungen des Arbeitgebers eine regelmäßige gleichförmige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen darstellen. Daran fehlt es nach Meinung es Gerichts aber, wenn der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld "nach Gutdünken" in jährlich unterschiedlicher Höhe gezahlt hat, so dass für den Arbeitnehmer der Wille des Arbeitgebers erkennbar wird, in jedem Jahr neu über die Zuwendung zu entscheiden.

Können einzelne Arbeitnehmer bei der Zahlung von Gratifikationen bevorzugt werden? 


Wird eine Gratifikation geleistet ist der Grundsatz der Gleichbehandlung beachten. Bei der Auszahlung darf der Arbeitgeber also grundsätzlich nicht willkürlich vorgehen und beispielsweise einzelne Personen des Unternehmens ohne einen sachlichen Grund von der Zahlung ausschliessen.

Allerdings kann der Arbeitgeber die Gratifikation an Bedingungen knüpfen und sogar nur für bestimmte Gruppen auszahlen, z.B. für Abteilungen, die sich besonders verdient gemacht haben.. Verspricht der Arbeitgeber jedoch eine Gratifikation in bestimmter Höhe für ein bestimmtes Arbeitsjahr, so können alle Arbeitnehmer des Betriebs einen Anspruch auf Auszahlung der Gratifikation haben.

Erhalten auch neue Mitarbeiter Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung?

Neu eintretende Mitarbeiter nehmen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sofort mit dem Eintritt an der im Betrieb bestehenden betrieblichen Übung teil. Die Teilnahme an der betrieblichen Übung ist nur ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber vor Eintritt bei Vertragsschluss durch eindeutige einseitige Erklärung die betriebliche Übung beendet. Eine im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Erklärung des Arbeitgebers, dass neu eintretende Mitarbeiter kein Weihnachtsgeld erhalten oder Weihnachtsgeld nur freiwillig erhalten, muss eindeutig sein. 

Erhalten also alle "alten Mitarbeiter" schon jahrelang aufgrund betrieblicher Übung Weihnachtsgeld, steht dieses auch dem hinzutretenden Mitarbeiter zu.

Gratifikation und Freiwilligkeitsvorbehalt

Die Leistung bzw. Ankündigung einer Leistung unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit ist grundsätzlich zulässig. Dabei kann der Arbeitgeber die Gewährung der freiwilligen Leistung auch an bestimmte Voraussetzungen - wie etwa Fehltage im Bezugszeitraum knüpfen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber eine Leistung ankündigt, die er gleichzeitig von der während der Bezugsperiode gezeigten Arbeitsleistung abhängig macht, da hieraus eine treuwidrige Ausnutzung des bewirkten Ansporns zu überobligatorischen Leistungen folgen würde

Rechtsanwalt Arbeitsrecht

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