Arbeitszeugnis und Zeugnisberichtigung im Arbeitsrecht

Der Arbeitnehmer kann bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von dem Arbeitgeber ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. Dieser Anspruch auf ein sogenanntes qualifiziertes Arbeitszeugnis besteht schon bei Beginn der Kündigungsfrist, um die alsbaldige Bewerbung bei anderen Arbeitgebern zu ermöglichen.

Was muss ein Arbeitszeugnis alles beinhalten?

Ein Arbeitszeugnis dient regelmäßig als Bewerbungsunterlage und damit gleichzeitig als Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber. Insforn ist es wichtig, dass es die maßgeblichen Beurteilungen beinhaltet, damit sich der potentielle Arbeitgeber ein Bild von seinem zukünftigen Beschäftigten machen kann. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss, wie der Arbeitgeber seine Leistung und sein Sozialverhalten beurteilt. Inhaltlich muss das Zeugnis daher dem Gebot der Zeugniswahrheit und dem Gebot der Zeugnisklarheit gerecht werden

Ein qualifiziertes Zeugnis sollte daher die nachstehenden Angaben beinhalten:

  • Angaben zum Arbeitnehmer (insbesondere Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses)
  • Kurze Beschreibung des Tätigkeitsfeldes des Arbeitgebers
  • Beschreibung der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer im Betrieb verrichtet hat
  • Angaben zu Leistung und Erfolg des Arbeitnehmers zu seiner Tätigkeit (z.B. Arbeitsbereitschaft, Fähigkeiten, Fachwissen und Fortbildungen, Arbeitsweise, Arbeitserfolg)
  • Zusammenfassung der Gesamtleisung (z.B. „Stets zu unserer vollen Zufriedenheit“)
  • Sozialverhalten (Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen und Kunden)

Der darüber hinausgehende Zeugnisinhalt bestimmt sich nach dem jeweiligen Gebrauch des Zeugnisses, der nach Branche und Berufsgruppe unterschiedlich sein kann. So kann von dem Arbeitgeber eines Bankkassierers verlangt werden, dass er ein Zeugnis ausstellt, dass dem Arbeitnehmer "Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit" attestiert.  Eine entsprechende Beurteilung ist hingegen für eine Friseurin wohl weniger von Interesse für die Bewerbung auf eine neue Arbeitsstelle. Hier dürfte aber z.B. das handwerkliche Geschick der Friseurin einen besonderes Augenmerk innerhalb des Arbeitszeugnisses haben.

Wichtig im Arbeitsrecht sind aber nicht nur die einzelnen Bestandteile des Arbeitszeugnisses. Auch der Gesamteindruck, den das Zeugnis vermittelt spielt eine gewichtige Rolle in der Bewertung des Arbeitnehmers. Auf welche Details dabei im Arbeitsrecht geachtet werden muss, zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 09.02.2012. Das Gericht entschied, dass eine Hebamme einen Anspruch darauf hat, dass innerhalb des Arbeitszeugnisses dargestellt wird, warum sie während des Arbeisverhältnisses auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt wurde. Um nicht den Anschein einer Degradierung - aus von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Gründen - zu erwecken, sollte der Arbeitgeber angeben, dass die Umsetzung aus gesundheitlichen Gründen erfolgte.

Wohlwollendes Zeugnis - Aber wann ist ein Arbeitszeugnis nun wirklich gut?

Nach der Rechtsprechung muss das Zeugnis wohlwollend formuliert sein, um dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht zu erschweren. Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgabe hat sich teilweise eine eigene Zeugnissprache entwickelt, die negative Aussagen nur vermeintlich positiv aussehen lassen.

Tatsächlich berechtigt aber nicht jedes "gut formulierte" Zeugnis zum stolzen Vorzeigen bei einer Bewerbung, denn die anscheinend gute Aussage beinhaltet nicht selten eine schlechte Beurteilung. Ein paar Beispiele:

  • Die Formulierung "Wir schätzten ihre/seine umgängliche kollegiale Art"  soll zum Ausdruck bringen, dass ein Mitarbeiter unbeliebt unter den Mitarbeitern war
  • Heißt es im Arbeitszeugnis: "Sie hat ihre Arbeiten mit besonderer Genauigkeit und Sorgfalt erledigt" bescheinigt der Arbeitgeber seiner Mitarbeiterin eine langsame Arbeitsweise
  • Wer "durch seine Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas beitrug" bedeutet, dass der Mitarbeiter wäkrend der Arbeit Alkohol trank.

In einem Arbeitszeugnis verbreitet ist aber auch das willkürliche Weglassen gängiger Formulierungen, um damit die Schwächen des Arbeitnehmers hervorzuheben. Heißt es etwa in dem Zeugnis einer Kassiererin, dass sie  pünktlich und fleißig war, so kann verdeutlicht werden, dass der Arbeitnehmerin damit Unehrlichkeit bescheinigt werden soll, denn die drei Begriffe ehrlich, pünktlich, fleißig stehen in einem Arbeitszeugnis oftmals zusammen.

Nach dem Gebot der Zeugnisklarheit muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Ein Zeugnis darf keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der Wortwahl ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Daher ist es unzulässig, ein Zeugnis mit unklaren Formulierungen zu versehen, durch die der Arbeitnehmer anders beurteilt werden soll, als dies aus dem Zeugniswortlaut ersichtlich ist. Denn inhaltlich „falsch“ ist ein Zeugnis dann, wenn es eine Ausdrucksweise enthält, der entnommen werden muss, der Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen und der Arbeitnehmer werde in Wahrheit anders beurteilt, nämlich ungünstiger als im Zeugnis bescheinigt. Weder Wortwahl noch Auslassungen dürfen dazu führen, beim Leser des Zeugnisses der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen zu lassen. Entscheidend ist dabei nicht, welche Vorstellungen der Zeugnisverfasser mit seiner Wortwahl verbindet. Maßgeblich ist allein, wie ein neutraler Leser des Zeugnisses dieses auslegt.

Ein Zeugnis und dessen Formulierungen können regelmäßig nur im Zusammenhang des gesamten Inhalts ausgelegt werden. Das Arbeitszeugnis ist ein einheitliches Ganzes; seine Teile können nicht ohne die Gefahr der Sinnentstellung auseinandergerissen werden. Deshalb verbietet es sich, einzelne Satzteile losgelöst vom Zusammenhang mit dem übrigen Zeugnistext zu bewerten. Eine Formulierung erhält erst aus dem Zusammenhang, in dem sie verwendet wird, ihren Sinn.

Darf mein Arbeitgeber einmalige Fehlverhalten ins Arbeitszeugnis aufnehmen?


Nicht immer verlaufen die Dinge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einwandfrei. Fraglich ist, ob einzelnen Verstöße des Arbeitnehmers im Arbeitszeugnis Erwähnung finden dürfen? Das Bundesarbeitsgericht entschied: Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer, seine Führung und Leistung nicht charakteristisch sind, gehören nicht in das Zeugnis. Dem Arbeitnehmer kann mithin auch bei kleineren Auffälligkeiten oder einem einmaligen Fehlverhalten zu bescheinigen sein, dass sein Verhalten einwandfrei gewesen ist. Gab das Verhalten des Arbeitnehmers dagegen keinerlei Anlass zu Beanstandungen, muss sich vielmehr dieses positive Moment im Zeugnistext niederschlagen. In Betracht kommen sprachliche Beiwörter wie beispielhaft "immer", "durchweg" oder "ausnahmslos".

Berichtigungsanspruch des Arbeitszeugnisses

Ist ein Arbeitnehmer mit dem ihm erteilten Zeugnis nicht einverstanden, kann er vom Arbeitgeber außergerichtlich und gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Mit einem solchen Anspruch macht er jedoch weiterhin die Erfüllung seines Zeugnisanspruchs geltend und keinen dem Gesetz fremden Berichtigungsanspruch. Für den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein qualifiziertes Zeugnis ist seit dem 01.01.2003 die maßgebliche Rechtsgrundlage § 109 GewO. Entspricht das dem Arbeitnehmer erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt nicht den gesetzlichen Anforderungen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein „neues“ Zeugnis zu erteilen .

Berichtigungsanspruch - Wer trägt die Beweislast, ob die Formulierung im Arbeitszeugnis richtig bzw. falsch ist?

Der Arbeitgeber hat zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum hat, die Tatsachen, die der Arbeitgeber seiner Leistungsbeurteilung zugrunde gelegt hat, aber voll gerichtlich überprüfbar sind. Der Arbeitnehmer hat nach den Beweisgrundsätzen grundsätzlich Anspruch darauf, dass ihm eine befriedigende/durchschnittliche Leistung attestiert wird. Will der Arbeitgeber hiervon "nach unten" abweichen, so muss er die schlechte Leitung des Arbeitnehmers beweisen. Will der Arbeitnehmer hingegen seine Leistung besser dargestellt haben, trägt er die Beweislast.

Ein Beispiel: Wird einem Arbeitnehmer mit "volle Zufriedenheit" eine einwandfreie, gute Durchschnittsleistung attestiert und meint der Arbeitnehmer, daß seine Leistungen damit unterbewertet seien, weil der überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe, so obliegt ihm hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer muß also dann konkrete Tatsachen vortragen, die auch einem Außenstehenden erkennbar machen, daß der Arbeitnehmer mit seinen Aktivitäten überdurchschnittliche Leistungen erbracht hat.

Wer muss das Arbeitszeugnis unterschreiben?

Im Zeugnisrecht ist eine Vertretung in der Unterschrift nicht zulässig, wenn der Name des Ausstellers in Maschinenschrift unter dem Zeugnistext angeführt ist. Das schriftlich zu erteilende Arbeitszeugnis muss nicht vom Arbeitgeber selbst oder seinem gesetzlichen Organ gefertigt und unterzeichnet werden. Er kann hiermit auch einen unternehmensangehörigen Vertreter als Erfüllungsgehilfen beauftragen, der das Zeugnis dann im Namen des Arbeitgebers erteilt und auch unterschreibt. Das Vertretungsverhältnis und die Funktion sind regelmäßig anzugeben, weil die Person und der Rang des Unterzeichnenden Aufschluss über die Wertschätzung des Arbeitnehmers und die Kompetenz des Ausstellers zur Beurteilung des Arbeitnehmers und damit über die Richtigkeit der im Zeugnis getroffenen Aussagen gibt. Das Fehlen dieser Angaben kann sich deshalb als nachteilig für den Arbeitnehmer erweisen. 

Ein Zeugnis, das mit dem maschinenschriftlichen Namen des Arbeitgebers oder des Organvertreters abschließt und dem ein diesem Namen entsprechender Schriftzug beigefügt ist, ist insoweit nicht unvollständig. Der Arbeitgeber hat dennoch sicherzustellen, dass derjenige das Zeugnis persönlich unterschreibt, der als Aussteller ausdrücklich genannt wird. Wer nach außen als Aussteller eines Zeugnisses auftritt, distanziert sich von seinem Inhalt, wenn er es von einem beliebigen Dritten unterschreiben lässt. Er übernimmt damit zwar weiterhin die Verantwortung für den Zeugnisinhalt. Der Wert des Zeugnisses kann dadurch gleichwohl nachhaltig gemindert werden. Das kann auf der Kenntnis der wahren Unterschrift beruhen. Das Schriftbild selbst kann Anlass zu Irritationen sein. So kann der Schriftzug ungeübt, nicht flüssig oder schülerhaft wirken und lässt sich deshalb ggf. nicht mit der Position des vermeintlichen Unterzeichners vereinbaren. Derartige Unsicherheiten dürfen dem Arbeitszeugnis jedoch von vornherein nicht anhaften.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht

Arbeitsrecht - Anwalt Lingen: Sie brauchen im Arbeitsrecht einen Rechtsanwalt fwegen der Erstellung oder der Berichtigung eines Arbeitszeugnisses? Sie wollen Ihr Arbeitzeugnis durch einen Anwalt überprüfen lassen? Ansprechpartner innerhalb unserer Kanzlei für den Bereich Arbeitsrecht ist Rechtsanwalt Benjamin Wißmann.